Der Stellenwert von Krafttraining im Laufsport

Krafttraining im Laufsport: Methoden und Übungen
Die sportmotorische Fähigkeit Kraft spielt in jeglichen Sportarten eine wichtige Rolle. Auch Krafttraining sollte im Laufsport nicht vernachlässigt werden. Im Laufsport geht es ja vorrangig darum, sein eigenes Körpergewicht möglichst effizient und energiesparend von A nach B zu bewegen. Hier sind viele LaufsportlerInnen eher zurückhaltend oder gar negativ eingestellt, mit der Angst zuviel Gewicht zuzulegen.
Eine Methode des Krafttrainings, die vielleicht noch eher als Basismaßnahme gängig ist, ist das geliebt-gehasste “Stabitraining“. Sicherlich ist es im Lauftraining nie eine Trainingseinheit bzw. eine Trainingsmethode alleine die den gewünschten Erfolg bringt. Doch damit sich ein/e LaufsportlerIn überhaupt einmal schnell bewegen kann, ist eine optimale Kraftentfaltung der Muskulatur notwendig.
Wir versuchen dabei unseren Körper über den Abdruck vom Boden nach vorne zu bewegen. Zum anderen richten wir uns auch gegen die einwirkende Schwerkraft auf – und zwar bei jedem Schritt. Eine gute Stabilität der Hüftmuskulatur, sowie eine kräftige Rumpfmuskulatur, spielen eine entscheidende Rolle. Sie bieten, ohne zusätzliche Erhöhung der Laufumfänge, ein nicht zu unterschätzendes Leistungspotential. Des Weiteren ist eine gut trainierte lauf spezifische Muskulatur ein wichtiger Faktor. Sie beugt den klassischen Überlastungserscheinungen wie Runner’s Knee, Achillodynie oder Fasciitis planatris vor.
Gibt es irgendwo muskuläre Defizite, so können auch diese gut durch ein begleitendes Krafttraining ausgeglichen werden. Daher sollte man sich doch auch die Frage stellen, ob nicht auch hier im Laufsport manchmal etwas mehr Qualität (in Form von spezifischem Krafttraining) vor Quantität gehen sollte.
Wie sieht eine optimale Ergänzung zum Laufsport aus?
Eine Annahme, die sich noch immer bei vielen LaufsportlerInnen manifestiert hat, ist, dass es notwendig ist im Fitnessstudio Kraftausdauertraining an Geräten durchzuführen. Das heißt 2-3 Sätze mit hohen Wiederholungszahlen (20-30 WH) bei moderatem Gewicht. Dies klingt natürlich logisch, da im Laufsport eine gewisse Kraftausdauer notwendig ist, um auf längeren Distanzen muskulär nicht zu ermüden.
Viele Studien verweisen bereits darauf, dass es effizienter sei, im Bereich Hypertrophie bis Maximalkraft zu trainieren. Dadurch formst du die grundsätzlich notwendige Kraft aus, die du benötigst. Die Kraftausdauer wird dann sportartspezifisch mit dementsprechenden Intervallen, flach oder bergauf, effizienter entwickelt werden. Grund ist, dass die Kraftausdauer direkt in der laufspezifischen Bewegung stattfindet. Somit gilt im Leistungssport im Bereich Ausdauer seit langem die Devise “Lift heavy in the gym“.
Maximalkraft- oder Hypertrophietraining?
Maximalkrafttraining ist Krafttraining mit höchsten Intensitäten, besser gesagt mit schwersten Gewichten. Für das Hypertrophietraining (Ziel: Umfangszunahme der Muskulatur) wählst du Gewichte, die du pro Satz etwa 8 bis 15 Mal bewegen kannst. Ein derartiges Training hat natürlich auch Auswirkungen auf die Maximalkraft. Das eigentliche Maximalkrafttraining wird allerdings mit noch höheren Gewichten durchgeführt, so dass nur 1-3 Wiederholung möglich sind. Für alle AusdauersportlerInnen ist eine Kombination aus Maximalkrafttraining und Hypertrophietraining zumindest sinnvoll, wenn sie bestimmte Punkte beachten.
Manchmal lassen z.B. Verletzungen und/oder Leistungsdefizite darauf schließen, dass es an Muskelkraft für den Bewegungsablauf des Laufens mangelt. Dann stellt ein Muskelaufbautraining im Sinne eines Hypertrophietrainings eine gute erste Möglichkeit dar. Eine besonders heikle Muskelgruppe sind z.B. die Hüftabduktoren (mittlerer und kleiner Gesässmuskel). Diese sind dafür verantwortlich, das Becken auf dem jeweiligen Standbein sicher zu stabilisieren. Auch die ischiocrurale Muskulatur (Oberschenkelrückseite) sowie der M. Glutaeus maximus (großer Gesäßmuskel) sind für einen aktiven Laufschritt notwendig.
Meist reichen für ein adäquates Muskelaufbautraining aber Belastungen im Wiederholungszahlenbereich von 10 bis 15 aus. Jedoch sollte ein Hypertrophietraining eher fernab von Wettkämpfen durchgeführt werden. Demnach hat es bezüglich der Saisonplanung in der spezielleren Vorbereitungs- und auch Wettkampfphase wenig verloren. Diese Art des Trainings hat den positiven Effekt. Der physiologische Muskelquerschnitt erhöht sich, wodurch sich eine Kraftsteigerung erzielen lässt. Dafür bringt es für den Laufsport auch negative Effekte, wie den Rückgang der Schnelligkeit und meist eine Gewichtszunahme, mit sich. Beides wäre in der Wettkampfphase eher nicht optimal. Daher muss man sich darüber im Klaren sein, dass ein solches Training die Laufleistung vorübergehend mindern kann.
Um aber ein intensiveres Krafttraining (Maximalkraft) durchzuführen, bedarf es optimalerweise einer Vorbereitung. Durch einen zuvor erfolgten Trainingsblock von 6-8 Wochen mit dem Schwerpunkt Hypertrophie. Somit können dann bereits verdickte motorische Einheiten (Muskelfasern) durch Maximalkrafttraining in Richtung Kraft weiterentwickelt werden. Aber auch eine bessere Koordination der motorischen Einheiten untereinander ist ein sinnvolles Ziel des Maximalkrafttrainings. Aus diesem Grund bezeichnet man das Maximalkrafttraining auch als “Intramuskuläres Koordinationstraining“ d.h. die bestehenden motorischen Einheiten des Muskelquerschnittes werden besser miteinander koordiniert und können durch synchrones Aktivieren mehr Kraft entfalten.
Zusammenfassend ist also der Vorteil jener, dass man bei nahezu gleichbleibendem Gewicht bzw. Muskelmasse wesentlich mehr Kraft freisetzen kann. Grund ist, dass die bestehenden Muskelfasern besser rekrutiert, d.h. eingeschaltet werden können. Mehr Kraft ohne Veränderung des Körpergewichtes spielt genau im Laufsport eine entscheidende Rolle. Aber du musst ja nicht gleich mit 1-3 Wiederholungen starten, sondern beispielsweise mit 5-6 Wiederholungen. Von da an kannst du dann bei steigendem Gewicht die Anzahl verringern. Damit diese Belastungsreize keine Probleme verursachen, sollte man gerade bei freien Übungen mit Kurz- und Langhanteln die Technik unbedingt beherrschen. Optimale Übungen für LaufsportlerInnen sind Ganzkörperübungen wie Squatvarianten, Lunges oder aber auch Deadlifts (v.a. Stiff Leg Deadlifts).
Krafttraining, Ausdauertraining – und Yoga?
Stabilisationstraining – Training mit dem eigenen Körpergewicht
Das eigene Körpergewicht stellt für das Krafttraining eine leicht verfügbare Möglichkeit dar. Zudem können hiermit Übungen immer und überall eingesetzt werden. Auch während eines Lauftrainings lassen sich Übungen in der Natur einfach integrieren. Zu den Klassikern zählen vor allem Übungen wie Front- oder Sideplanks, Rumpfrotationen, die Brücke oder aber auch Liegestützvarianten.
Es ist damit ein Training der Muskelketten, in dem das Zusammenspiel von mehreren Muskelgruppen optimiert wird. Man bedenke, dass ja auch jeglicher Bewegungsablauf beim Laufschritt nie eine isolierte Muskeltätigkeit ist. Wie heißt es auch so oft – Rumpf ist Trumpf. Die Körpermitte stellt ein wichtiges Zentrum für die Kraftübertragung zwischen Ober- und Unterkörper dar. Eine stabilisierte Körperachse ist daher ein zentraler Punkt.
Allerdings ist die Dosierung nicht ganz so einfach, da bei vielen Übungen eine wirkliche Variation der Belastung nicht möglich ist. Bei den wirksamen und beliebten Stützübungen, die meist isometrisch, also ohne Bewegung ausgeführt werden, lässt sich die Belastung oft über eine Veränderung der Hebelverhältnisse variieren. Allerdings können diese Übungen auch mit Therabändern, Resistance-Bändern oder instabilen Unterlagen funktioneller gestaltet werden.
Die Übungen bieten wie bereits erwähnt den Vorteil, dass sie den ganzen Körper integrieren. Daraus resultiert eine praxisgerechte Belastung der Muskulatur. So wird der Körper nicht nur gekräftigt, sondern muss gleichzeitig auch Ansprüche in Sachen Beweglichkeit und Koordination bewältigen.
Plyometrie – Sprungkrafttraining
Dieses Trainings-Methode basiert auf dem physiologischen Effekt des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus des Muskel-Sehnen-Apparates. Denn durch Sprünge und Landungen werden Muskel und Sehne trainiert, die auftretende Energie zu speichern und wieder freizugeben. Durch plyometrisches Training gestalten wir unsere Sehnen hin zu effizienten Federn. Bei der Landung speichern sie die auftretende Energie und geben sie beim nachfolgenden Abdruck wieder frei. Daher folgt auf eine Dehnung der Sehne bei Landung eine schnelle Verkürzung.
Es wird damit der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus trainiert, wodurch sich die Bodenkontaktzeit reduziert. Optimale Übungen sind z.b. Sprünge auf Erhöhungen oder von einer Erhöhung auf den Boden und wieder auf eine Erhöhung hinauf. Dies kann man auch sehr gut in das Lauftraining mit einbauen. Man nutzt zum Beispiel Parkbänke oder führt auf Stiegen diverse Sprungübungen durch.
Welche Dehnmethode eignet sich wann am besten
Der Transfer in den Laufschritt
Dass nun Krafttraining doch auch einen wichtigen Beitrag für einen effizienten Laufstil, aber auch die notwendige Kraft, liefert, um über einen Marathon zu kommen oder Schnelligkeit zu entwickeln, sollte es zum Anlass geben dies in das wöchentliche Trainingsprogramm einzubauen.
Optimal wären zur Übersicht nochmal folgende Inhalte:
- Stabilisationstraining für Rumpf und Beinachse
- Hypertrophie Training eher z.B. als Aufbautraining in der Vorbereitungsphase
- Maximalkrafttraining mit Ganzkörperübungen in der spezifischen Vorbereitungsphase
- Plyometrische Übungen in Form von Sprüngen
- Laufspezifisches Kraftausdauertraining in Form von Stiegenläufen oder Bergaufintervallen